Unternehmertum in Thüringen nach den Landtagswahlen 2024: Eine Analyse aus Altenburg
Die Landtagswahlen in Thüringen am 1. September 2024 markieren eine Zeitenwende für das politische und wirtschaftliche Klima der Region. In den letzten fünf Jahren wurde Thüringen von einer Minderheitsregierung unter der Führung von Bodo Ramelow (Linke) regiert, der es in dieser politisch angespannten Situation gelang, das Land einigermaßen stabil zu halten. Doch das Wahlergebnis von 2024 stellt eine Zäsur dar: Fast die Hälfte der Wähler entschied sich für die AfD und BSW, im Landkreis Altenburger Land sogar 56 %. Diese Entwicklung wirft für Unternehmer in der Region viele Fragen auf, insbesondere für mittelständische Unternehmen wie meines, OKM Detectors.
Die politische Lage und ihre Auswirkungen auf die Wirtschaft
Altenburg liegt im östlichen Zipfel Thüringens und hat etwa 32.000 Einwohner, der gesamte Landkreis zählt 88.000 Menschen. Mit einem Betrieb von rund 30 Mitarbeitern sind wir tief verwurzelt in dieser Region. Ich habe das Unternehmen 2019 übernommen und in den vergangenen Jahren viel Arbeit in den Aufbau und die Verjüngung der Belegschaft investiert. Doch die aktuelle politische Entwicklung bereitet mir zunehmend Sorgen – nicht nur für mich persönlich, sondern für die gesamte wirtschaftliche Zukunft der Region.
Das deutliche Votum für die AfD und BSW in Thüringen könnte schwerwiegende Folgen für das Unternehmertum haben. Die politische Mitte, die über Jahrzehnte Stabilität und Planbarkeit garantierte, scheint zu schwinden. In einem Umfeld, das von politischen Extremen dominiert wird, ist die Frage nach der wirtschaftlichen Zukunft dringlicher denn je. Denn politische Unsicherheit wirkt sich direkt auf Investitionsentscheidungen aus – sowohl für Unternehmen wie meines, die in neue Technologien und Arbeitskräfte investieren, als auch für potenzielle Investoren, die zögern könnten, sich in einer Region zu engagieren, die als politisch instabil oder fremdenfeindlich wahrgenommen wird.
Herausforderungen und Chancen im Fachkräftemangel
Ein zentrales Thema für die Zukunft des Mittelstands in Thüringen ist der Fachkräftemangel. Aktuell sind wir in Altenburg noch gut aufgestellt: Wir beschäftigen bei OKM Detectors qualifizierte Fachkräfte und Ingenieure, bilden junge Menschen aus und arbeiten mit dualen Studenten zusammen. In den letzten fünf Jahren konnten wir das Durchschnittsalter unserer Belegschaft deutlich senken, was uns als Unternehmen zukunftsfähig macht. Doch der Fachkräftemangel bleibt eine allgegenwärtige Herausforderung. Insbesondere in technologisch fortschrittlichen Bereichen, wie denen, in denen wir tätig sind – wir entwickeln und vertreiben hochspezialisierte Detektoren –, benötigen wir qualifiziertes Personal, das nicht immer lokal verfügbar ist.
Die Wahlen von 2024 werfen jedoch einen dunklen Schatten auf die langfristige Fachkräftegewinnung. Wenn Parteien, die eine protektionistische und teilweise fremdenfeindliche Agenda vertreten, die politische Richtung bestimmen, könnte dies gravierende Auswirkungen auf die Rekrutierung internationaler Fachkräfte haben. Der Fachkräftemangel lässt sich nicht nur durch lokale Arbeitskräfte lösen; wir brauchen gut ausgebildete, multilinguale Vertriebsmitarbeiter, Elektronikingenieure, Elektriker, CAD-Konstrukteure und Marketingmanager, die uns dabei helfen, technologisch führend zu bleiben. Bisher konnten wir diese Mitarbeiter auf dem lokalen Arbeitsmarkt finden, doch in Zukunft werden wir überregional und international suchen müssen. Die Frage, wie ein solches Umfeld ausländische Arbeitskräfte abschrecken könnte, beschäftigt mich zunehmend.
Internationale Fachkräfte sind für den Erfolg von Unternehmen wie OKM Detectors unverzichtbar. Unser Unternehmen exportiert 95 % seiner Produkte ins Ausland, der Vertrieb erfolgt fast ausschließlich auf Englisch. Ohne ein internationales Team wird es schwieriger, in einer globalisierten Welt wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch was passiert, wenn Fachkräfte aus dem Ausland sich aufgrund eines politischen Klimas, das als fremdenfeindlich wahrgenommen wird, gegen eine Ansiedlung in Thüringen und Altenburg entscheiden? In einer Zeit, in der globale Talente hart umkämpft sind, könnten die Wahlergebnisse von 2024 langfristige Schäden hinterlassen.
Multikulturalität als Schlüssel zum Erfolg
Die Debatte um den Fachkräftemangel und die Auswirkungen der Wahl geht weit über wirtschaftliche Fragen hinaus. Es geht auch um eine grundlegende Frage der gesellschaftlichen Offenheit. Unternehmen wie meines profitieren von Internationalität und Vielfalt. Der Zugang zu einem globalen Markt und die Fähigkeit, sich in verschiedenen Kulturen und Sprachen zu bewegen, sind entscheidende Erfolgsfaktoren. Leider scheint vielen Wählern diese Realität nicht bewusst zu sein.
Meiner Ansicht nach resultiert das Wahlergebnis aus einem Mangel an Verständnis für die Vorteile einer multikulturellen Gesellschaft. Bei OKM Detectors haben wir im Kleinen bereits erlebt, wie Vielfalt uns voranbringen kann: Wir entwickeln und produzieren Produkte für einen globalen Markt, und unser Erfolg basiert auf unserer Fähigkeit, uns international zu vernetzen und in verschiedenen kulturellen Kontexten zu agieren. Auch wenn wir derzeit noch kein Team mit vielfältigen kulturellen Hintergründen haben, weiß ich, dass wir in Zukunft mehr auf internationale Fachkräfte angewiesen sein werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Die Folgen für Unternehmensbewertungen und Investitionen
Eine weitere zentrale Frage, die mich als Unternehmer beschäftigt, ist die Bewertung mittelständischer Unternehmen in Regionen, in denen politisch extreme Parteien an Einfluss gewinnen. Unternehmensbewertungen basieren auf Vertrauen und Zukunftsvisionen. Investoren schauen nicht nur auf die aktuellen Geschäftszahlen, sondern bewerten die Zukunftsaussichten eines Unternehmens und seiner Region. Wenn eine Region als wirtschaftlich oder politisch instabil gilt, könnte dies dazu führen, dass Investoren Abstand nehmen und die Bewertungen von Unternehmen sinken. Gerade in einem ländlichen Landkreis wie dem Altenburger Land, in dem über die Hälfte der Wähler ihr Kreuz bei Parteien außerhalb der demokratischen Mitte gemacht haben, könnten langfristige Reputationsschäden entstehen. Diese könnten dazu führen, dass externe Investoren der Region weniger zutrauen.
Potenzielle Investoren, die vor der Entscheidung stehen, in Thüringen zu investieren, könnten sich aufgrund des Wahlergebnisses fragen, ob es sich lohnt, in eine Region zu investieren, in der sich Fachkräfte möglicherweise seltener niederlassen und wo politische Unsicherheit den Weg für wirtschaftliche Instabilität ebnen könnte. Das wirkt sich nicht nur auf Unternehmensbewertungen, sondern auch auf die langfristige wirtschaftliche Entwicklung der Region aus.
Fazit: Die Zukunft des Unternehmertums in Thüringen
Die Landtagswahlen 2024 in Thüringen haben das politische und wirtschaftliche Klima der Region grundlegend verändert. Für mich als Unternehmer in Altenburg stellt sich die Frage, wie die Region angesichts dieser politischen Veränderungen ihre wirtschaftliche Zukunft sichern kann. Internationalität, Fachkräftemangel und Unternehmensbewertungen sind eng miteinander verknüpft. Es wird entscheidend sein, wie Unternehmen und Politik in den kommenden Jahren auf die Herausforderungen reagieren.
Thüringen steht an einem Scheideweg. Unternehmer wie ich sind bestrebt, die Region wirtschaftlich voranzubringen, doch dies wird nur gelingen, wenn wir offen für globale Märkte und internationale Fachkräfte bleiben. Trotz des politischen Klimas müssen wir uns darauf konzentrieren, die Zukunft unseres Unternehmertums zu sichern – für unsere Mitarbeiter, unsere Unternehmen und die Region als Ganzes.